Interview mit Jens Eilers in der Zeitschrift digit! // Ausgabe 06/2017

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digit! 06-2017

„INKJET HAT DIE NASE VORN“

Herr Eilers, was hat sich beim Thema Bildausgabe in letzten fünf bis zehn Jahren verändert?

Die offensichtlichste Veränderung besteht darin, dass das Inkjetverfahren auch im Fine-Art-Bereich nicht mehr infrage gestellt wird. Vor sieben oder acht Jahren hatte der Begriff „Tintentstrahler“ oder Tintenstrahldruck für manche noch einen abwertenden Beigeschmack. Das hat sich komplett gewandelt. Mittlerweile ist es das Standardverfahren für die meisten professionellen Fotografen. Die Inkjet-Technologie ist nicht mehr wegzudenken.

Woran liegt das?

Das Inkjet-Verfahren ist relativ leicht beherrschbar, die Investitionen sind auch für ein kleineres Studio zu stemmen. Durch die viel größere Palette an Papieren und anderen Medien bietet es weit mehr Möglichkeiten der individuellen Ausgabe und – laut Forschungsunternehmen wie Wilhelm Research – auch Haltbarkeiten, die die klassischer Fotoprints übertreffen. Außerdem ist der Inkjet-Druck dank UV-härtender Tinten auch bei der steigenden Zahl der Outdoor-Ausstellungen das Mittel der Wahl. Und: Hochwertige Inkjet-drucke haben sowohl im Farb- als auch im Schwarzweißbereich inzwischen qualitativ die Nase vorn. Weshalb man vielleicht besser vom Fine-Art-Druck sprechen sollte.

Hat der fotochemische Print damit perspektivisch ausgedient?

Nein, Bilder, die im Diasec- oder verwandten Verfahren produziert werden, bei denen ein klassischer Fotoprint auf Aludibond aufgezogen und mit einer Acrylglasplatte versiegelt wird, spielen am Kunstmarkt nach wie vor eine wichtige Rolle. Das liegt auch daran, dass Fotokünstler wie Andreas Gursky seit Jahrzehnten auf diese Art ihre Arbeiten anbieten.

Neben fotografischen Laserprints, die eine sehr gute Qualität bieten, gibt es aber Fotografen, die alte fotochemische Verfahren für sich neu entdecken. Sie kaufen Nasslabore und alte Fachkameras auf und beleben das Thema Lichtdruck wieder neu. Andere spüren Restbestände an Fotopapier auf, um sich über eine besondere Anmutung ihrer Prints unterscheidbar zu machen. Auch das Sofortbild erlebt eine Renaissance, gerade bei der nachwachsenden Generation, die nicht mit Polaroid und Co. aufgewachsen ist. Es ist ein Trend, er wird Bestand haben, wie Vinylplatten bestand haben, aber es ist ein kleiner Trend, auch weil diese Verfahren kostenintensiv sind.

Zurück zum Inkjet-Druck, dem qualitativen und quantitativen Platzhirschen. Werden wir noch größere Innovationen in diesem Bereich erleben oder ist diese Technologie “ausentwickelt”?

Die Fortschritte werden sich vor allem in den Bereichen Geschwindigkeit und Produktionskosten abspielen. Sie lassen sich schon jetzt nutzen, etwa wenn man einen älteren durch einen neueren Drucker ersetzt. Auch die Themen Nachhaltigkeit und Ökologie werden eine zunehmend wichtiger Rolle spielen. Was die Qualitätssteigerung angeht, wird es meiner Einschätzung nach keine großen Sprünge mehr geben, allenfalls kleinere Verbesserungen bei der Farbraumabdeckung.

Welche Trends sehen Sie darüber hinaus im Bereich Fine-Art-Printing?

Interessant finde ich das relativ neue Chromaluxe-Verfahren, das erst vor etwa einem Jahr vom Wilhelm Imaging Research-Institut zertifiziert wurde. Es handelt sich um ein Sublimationsverfahren, bei dem Tinte bei hohen Temperaturen erst auf Thermotransferpapier und dann mit einer Rollenpresse auf eine Aluminiumplatte übertragen wird. Ein Veredlungsverfahren, das zu hochglänzenden Bildern mit metallischer Anmutung führt.

Überhaupt wird das Thema Veredelung immer wichtiger. Neben etablierten Verfahren wie dem Kaschieren oder dem Diasec gibt es neuere – wie etwa die Kunstharzbeschichtung auf Inkjet-prints, die unter der Bezeichnung Liquid Gloss vom Kölner Bilddienstleister Sander vermarktet wird und spannende Effekte liefert. Am anderen Ende des ästhetischen Spektrums steht der Fine-Art-Print im Naturrahmen hinter entspiegeltem Glas. Es gibt sogar Fotografen, die das komplette Finishing persönlich übernehmen – bis hin zu handgefertigten Passepartouts und Schattenfugen oder eigenhändig gesägten Holzrahmen in limitierter Auflage. So lassen sich Alleinstellungsmerkmale schaffen, mit denen man sich als Fotokünstler zusätzlich vom Markt differenzieren und höhere Preise erzielen kann.

Was sind Ihrer Beobachtung nach die häufigsten Fehler, die Fotografen bei der Postproduktion und Bildausgabe von Editionsprints machen?

Sich zu wenige Gedanken zu machen, wohin die Reise am Ende gehen soll. Wichtig ist es aus meiner Sicht, den gesamten Prozess zu durchdenken und das Bild von Anfang bis Ende technisch und kreativ so anzulegen, dass das gewünschte Ergebnis erzielt werden kann. Außerdem sollte man die verschiedenen Ausgabeverfahren kennen, damit man einschätzen kann, welches das Optimale ist – mit Blick auf die eigenen Werke, die Lichtbedingung und den gesamten Ausstellungskontext. Und man sollte man sich genug Zeit nehmen für die „Entwicklung“ der eigenen Werke. Ich kenn Fotografen, die arbeiten Monate an einem Bild. Solange sich das durch den Verkaufserlös darstellen lässt, ist das eine tolle Sache. Eine Arbeit ruhen lassen und mit Abstand noch einmal draufzuschauen, tut dem Endergebnis immer gut.

Stichwort Farbmanagement: Wie würden Sie dessen Bedeutung für das Endergebnis beschreiben?

Nach 20 Jahren Erfahrungen im Bereich Fine Art bin ich mir sicher, dass nichts so wichtig ist, wie das richtige Farbmanagement. Ich bin mittlerweile überzeugt, dass ein kalibriertem Workflow, der Kamera, Monitor und Drucker umfasst, für das Endergebnis wichtiger ist, als die verwendete Kamera oder das Objektiv.

Wie steht es in diesem Bereich um das erforderliche Knowhow?

Die meisten Profifotografen wissen um die Bedeutung des Farbmanagements und eines konsistenten Workflows. Und sie beherrschen ihn auch mehr oder weniger gut. Luft nach oben gibt es aber in jedem Fall. Weshalb ich mir keine Sorgen mache, was die Nachfrage nach meinen Workshops angeht. Sicher möchten sich nicht alle Fotografen mit dem Thema Colormanagement auseinandersetzen, aber es führt nunmal kein Weg daran vorbei. Es ist wie beim Autokauf: Die Imaging-Unternehmen liefern nur das Produkt, den Führerschein muss man schon selber machen. Klar bedeutet das auch Arbeit, aber wie hat Karl Valentin einst gesagt? „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“